Betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung

Eine Variante der betrieblichen Altersvorsorge ist die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung. Hier schließt der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer die Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Versicherte Person und Nutznießer ist jedoch der Arbeitnehmer.

Erhältlich ist die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung aber auch in einer anderen Variante, als Kollektivlösung über den Arbeitgeber. Durch ihn wird der vertragliche Rahmen geschaffen, jedoch mit besseren Konditionen als bei einer klassischen BU-Versicherung, die jeder selbst abschließen kann. Vertragspartner ist bei dieser Lösung der Arbeitnehmer.

Der Arbeitgeber kann bei einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung die Beiträge voll oder teilweise bezahlen. Im letzteren Fall kann ergänzend Entgelt des Arbeitnehmers umgewandelt werden. Hier setzt der besondere Vorteil der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung an: Die Beiträge werden nicht mehr aus dem Nettolohn bestritten, sondern aus dem Bruttolohn – dies spart Abgaben beim Arbeitgeber wie auch beim Arbeitnehmer.

Steuerliche Aspekte der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung

In der Leistungsphase, wenn also Berufsunfähigkeit eingetreten ist, müssen die Leistungen der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung voll versteuert werden. Dazu kommen bei gesetzlich Krankenversicherten die Sozialversicherungsbeiträge für die gesetzliche Krankenversicherung und Pflegepflichtversicherung.

Bei einer privat abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung sind im Gegensatz die Belastungen geringer, weil die Rente lediglich mit dem Ertragsanteil besteuert wird, der von der voraussichtlichen Restlaufzeit der Rente abhängt. Beträgt diese bei einem 47-Jährigen noch 20 Jahre, müssen lediglich 21 Prozent der Rente versteuert werden. Die betriebliche Berufsunfähigkeitsrente sollte also um rund 30 Prozent höher gewählt werden im Rahmen der betrieblichen Absicherung, um die späteren Abzüge auszugleichen.

Zu klären ist vor dem Abschluss einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung auch, wer die Beiträge übernimmt, wenn die Lohnfortzahlung bei längerer Krankheit ausläuft, eine Berufsunfähigkeit aber noch nicht festgestellt werden kann. Gerade bei der arbeitgeberfinanzierten BU-Rente werden länger erkrankte Arbeitnehmer finanziell oft „kalt erwischt”, wenn sie die Beiträge selbst tragen müssen. Hier sollte vereinbart sein, dass der Arbeitgeber die Beiträge zahlt, bis eine Berufsunfähigkeit festgestellt wird und der Versicherer dann ja die Beitragszahlung in aller Regel übernimmt.

Vereinfachte Gesundheitsprüfung ein Pluspunkt

Auf der Habenseite kann die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung oft eine vereinfachte Gesundheitsprüfung für sich verbuchen. Statt der üblichen zehn bis 15 Fragen reichen wenige Fragen oder vor allem bei größeren Arbeitgebern eine sogenannte Dienstobliegenheitserklärung. Die kann zum Beispiel so aussehen:

Erklärung der (haupt)versicherten Person/des Versorgungsanwärters

Mit meiner Unterschrift bestätige ich, dass ich:

  • zurzeit uneingeschränkt arbeitsfähig bin und meinen Dienst voll versehen kann,
  • in den letzten zwei Jahren vor Versicherungsbeginn – bei kürzerer Betriebszugehörigkeit für die Dauer der Betriebszugehörigkeit – nicht mehr als 2 Wochen ununterbrochen arbeitsunfähig war sowie
  • keine Gesundheitsstörungen bestehen, die zur Anerkennung einer Behinderteneigenschaft (Minderung der Erwerbsfähigkeit (M. d. E.) / Wehrdienstbeschädigung (WDB) / Grad der Behinderung (G. d. B.) oder Pflegegrad geführt haben und
  • keine vollständige oder teilweise Erwerbsminderung oder eine Anerkennung oder Beantragung einer Erwerbsminderungs-, Erwerbsunfähigkeits- bzw. Berufsunfähigkeitsleistung bei einem gesetzlichen oder privaten Versicherer besteht.

 

Zugangshürden liegen deutlich niedriger

Einen so hürdenlosen Zugang zur Berufsunfähigkeitsversicherung gibt es außerhalb der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung in aller Regel nicht. Das Risiko einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung wird so deutlich reduziert – im Falle der Dienstobliegenheitserklärung ist dies praktisch ausgeschlossen. Diese Streitigkeiten über vermeintlich oder tatsächlich falsche Angaben im Antrag für die Berufsunfähigkeitsversicherung sind eine der häufigsten Gründe für die Leistungsverweigerung der BU-Versicherung.

Tatsächlich haben viele Arbeitnehmer mit Vorerkrankungen überhaupt nur noch im Rahmen einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung die Möglichkeit zur Arbeitskraftabsicherung – weil sie die reguläre Gesundheitsprüfung nicht bestehen würden und auch für die diversen Sonderaktionen der BU-Versicherer mit vereinfachten Gesundheitsfragen oft zu alt oder krank sind.

Ein anderer, häufiger Grund für Leistungsablehnungen sind übrigens nachteilige Vertragsbedingungen. Auf die Qualität des Bedingungswerkes haben die Angestellten bei der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung allerdings keinen Einfluss, denn in aller Regel wählt das Unternehmen den Vertragspartner aus. Ob der dann attraktive Bedingungen bietet oder eher nicht, ist für den versicherten Mitarbeiter also nicht zu steuern.

 

Konflikt mit dem Arbeitgeber als Vertragspartner

Ein weiterer Konflikt kann in dem vermeintlichen Vorteil liegen, nämlich dem Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung über den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ist Vertragspartner und daher auch im Leistungsfall erst einmal derjenige, der die Ansprüche geltend machen muss: Wie engagiert er dies tut, dürfte von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein. Immer gleich ist allerdings, dass der Arbeitgeber viel über die Gesundheitshistorie und den aktuellen Gesundheitszustand auch bei längerer Krankschreibung erfährt.

Im Leistungsfall kann es so dazu kommen, dass der Arbeitgeber Einsicht in vertrauliche Gesundheitsunterlagen erhält und sogar selbst einschätzen muss, ob und in welcher Form Berufs(un)fähigkeit gegeben sein könnte. Solche Informationen können im Einzelfall in der Firma auch gegen den betreffenden Mitarbeiter instrumentalisiert werden. Wohl gibt es arbeits- und datenschutzrechtliche Vorschriften, die das verhindern sollen – wie diese aber in der Praxis funktionieren, das weiß man erst im Leistungsfall.

 

Portabilität der betrieblichen BU eingeschränkt

Was in der Praxis in jedem Fall nicht funktioniert, ist die Portierung der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese nämlich kann bei einem Arbeitgeberwechsel nicht mitgenommen werden und muss ggf. neu abgeschlossen werden – entweder privat oder über die BAV beim neuen Arbeitgeber. Ob und zu welchen Konditionen dies möglich und sinnvoll ist, zeigt sich immer erst in dem Moment, in dem ein Arbeitgeberwechsel ansteht – ggf. ist dann aber aus gesundheitlichen Gründen oder wegen fortgeschrittenen Alters die Tür für eine private Berufsunfähigkeitsversicherung bereits zu.

 

Das Fazit

Eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung kann für all diejenigen eine gute Wahl sein, die ohne den betrieblichen Rahmen keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr bekommen oder mit Ausschlüssen und Erschwernissen rechnen müssen. Dabei sind jedoch die Risiken zu beachten, die bei der Arbeitskraftabsicherung im betrieblichen Rahmen bestehen: Vor allem der Interessenkonflikt mit dem Chef bei längerer Krankheit kann zu einem echten Ärgernis werden. Es sollte daher alternativ zur betrieblichen BU immer eine private Absicherung angefragt und verglichen werden.